[555]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.73

wie er aus den Äußerungen des Possevinus sowohl als auch aus mündlichem und brieflichem Verkehre wisse; er kann sich übrigens gar nicht denken, was denn Gegenstand des Augriffs sein werde, da er gar nichts Verletzendes geschrieben habe.

Da Scaliger die Absicht hat, Verbesserungen am Gregorianischen Kalender vorzunehmen, so stellt er sich natürlich auf den Standpunkt der Reform und spricht nicht ein Wort gegen die zyklische Rechnung zu Gunsten der astronomischen. An beiden Hauptpunkten des neuen Kalenders hat er aber etwas zu tadeln. In Bezug auf das Sonnenjahr wiederholt er seine früher gemachte Ausstellung, dass die Modifikation der Schaltregel im Widerspruch stehe mit der tatsächlichen Entwicklung des Fehlers und fordert nun, dass nach je zweimal 132 und dann nach 136 Jahren (132 + 132 + 136 = 400) ein bissextus ausgelassen werde. Indem nun Scaliger diesen seinen Vorschlag noch weiter begründen will, ist er sehr unglücklich. Außer dem logischen Zusammenhange zwischen Modifikation der Schaltregel und den Himmelserscheinungen führt er nämlich auch die größere Bequemlichkeit seiner Methode ins Feld. Er meint, dass die Reihe der Sonntagsbuchstaben in der vierhundertjährigen Periode bei Lilio viermal, bei ihm nur dreimal unterbrochen werde; dies ist nun vollständig unrichtig, denn da auch im Gregorianischen Kalender nur drei Schalttage und zwar am Ende der Jahrhunderte ausgelassen werden, so wird auch hier die Reihe nur dreimal unterbrochen. Bezüglich des Epaktenzyklus, respektive der Konstruktion des immerwährenden Kalenders differiert Scaliger in zwei Punkten. Er will — gestützt auf Gregor von Tours [1] — das Jahr wieder im März beginnen lassen, in Folge dessen stehen bei Scaliger die Epakten im Jänner und Februar in der Regel um 11 niederer als im Gregorianischen Kalender; jedoch soll diese März-Epoche nur für den Mondkalender gelten, beim Sonnenjahre behält er die bürgerliche Epoche bei, was sich auch äußerlich manifestiert, da Jänner und Februar als die beiden ersten Monate im Kalender Scaligers erscheinen.


1 Gregor v. Tours zählt in der Tat die Monate vom März an. (Lib. VIII. 1; IX. 2, 3; XX und XXI.)