72Kaltenbrunner.[554]

Wieder war es Possevinus, der die erste Erwiderung machte, natürlich wieder nur in so allgemeinen Worten wie bei Maestlin; aber doch mit einer gewissen Scheu vor der Gelehrsamkeit des Mannes, bei dem er schmerzlich eine ebenso große Glaubenstreue vermisst. Auch hier wird darauf verwiesen, dass Clavius auf alle Angriffe Scaligers antworten werde. Acht Jahre zögerte Scaliger mit der Antwort, weil er dieses angekündigte Buch erwartete; da dies aber nicht erschien, gab er 1595 den Elenchus et Castigatio Anni Gregoriani heraus. [1] In der Vorrede hiezu spricht Scaliger Worte, wie wir sie bisher im Verlaufe der Polemik noch nie gehört haben: "Nachdem der Gregorianische Kalender angenommen sei, so müssen wir mit allen Kräften darnach streben, dass er makellos und zwar mit Zustimmung aller derer werde, welche ihn mehr gierig als überlegt angenommen haben; dies wäre gewiss schon geschehen, wenn sie nicht ein so blindes Vertrauen auf seine Urheber gesetzt hätten, die allerdings darauf sehr viel Fleiß und Gelehrsamkeit verwendet haben, aber doch vielen Fehlern nicht entgehen konnten. Ersteres ist an ihnen zu loben und zu bewundern, letzteres zu entschuldigen. Er will es nun versuchen, ob es möglich ist, die Fehler zu beseitigen, und will sich dabei möglichst der Mäßigung befleißigen, weil er bedenkt, dass jene gefehlt haben, weil sie Menschen sind, und dass im gleichen Maße auch er diesem ausgesetzt sei. Und doch fahren diejenigen, welche heute Kritik üben, mit solcher Heftigkeit gegen fremde Fehler los, dass, wenn jetzt bäuerliche Ungezogenheit bei irgend einer Gattung von Menschen konstatiert werden kann, sie vor Allem bei jenen gefunden wird, welche der Wissenschaft obliegen. So hat auch er dem Hasse nicht entgehen können, als er am Ende seines Werkes "De emendatione temporum" kurz und zart über die Kalenderverbesserung sprach. Es widerfuhr ihm dies von einem jener Menschen, welche sich verletzt und gekränkt fühlten, wenn man nicht blind auf ihre Worte schwört und nicht glaubt, dass sie unfehlbar seien".

Scaliger erwähnt nun, dass Clavius, von dem er an dieser Stelle mit der höchsten Achtung spricht, den Auftrag erhalten habe, wider ihn zu schreiben,


1 Zusammen mit: Hyppolyti episcopi Canon Paschalis cum commentario et Excerpta ex computo Graeco Isacii Argyri de correctione Paschatis.