58Kaltenbrunner.[540]

Damals galt es, seinen Fürsten und die Glaubensgenossen abzuhalten, den Kalender anzunehmen, und nichts war da geeigneter, als die Religionsfrage in den Vordergrund zu stellen. Jetzt war dieser Zweck erreicht und es galt, nun, auch die flüchtig hingeworfenen Bemerkungen über die Fehlerhaftigkeit der Reform näher zu begründen. So wird denn jetzt in der Schrift selbst nur die mathematische Seite der Reform ins Auge gefasst, dagegen hören wir in der Vorrede und in der Conclusio Maestlin mehrmals den früheren Ton anschlagen, wenn er auch etwas durch die lateinische Sprache gemildert wird. Zwei Motive lassen sich in Maestlins Arbeit erkennen. Das eine spricht er in der Vorrede deutlich genug aus: Im Bewusstsein, dass der neue Kalender durchaus fehlerhaft sei, kann er es nicht, begreifen, wie in dem Zeitraum von vier Jahren kein einziger Mathematiker aufgestanden ist und die herrliche Wissenschaft der Astronomie gegen derlei Verunzierungen in Schutz genommen hat. So sieht er es denn für seine Pflicht an, aufzutreten und der gelehrten Welt die ganze Haltlosigkeit des vom Papste unternommenen Werkes darzulegen. Im weiteren Verlaufe dagegen entschuldigt er sich, dass er astronomische Subtilitäten — die nach seiner und aller vernünftigen Leute Ansicht gar nichts mit der Zeitrechnung zu tun haben — in den Kreis seiner Betrachtungen ziehe. Lediglich die hochtönende Sprache der päpstlichen Bulle, vornehmlich die Worte "quod ipsum (Kalendarium) tam perfectum sit, ne ulli umquam mutationi sit obnoxium in futurum" bewege ihn, dies zu tun. Maestlins Werken und fast allen zu besprechenden Angriffen wäre die Spitze abgebrochen gewesen, ja sie wären beinahe unmöglich oder nur leer gewesen, wenn von Rom jenes in den Canones versprochene Werk über eine nähere Begründung der Reform herausgegeben worden wäre. Auf diese unbegründete Hinstellung der Reform fußt Maestlin abermals, fordert aber zugleich auch die römischen Mathematiker auf seinem Angriff zu entgegnen, widrigenfalls sie als unfähig hiezu und als Störer der öffentlichen Ruhe erscheinen müssten.

Zunächst kritisiert Maestlin die Modifikation der Schaltregel, dass also in je 400 Jahren drei bissexti ausgelassen werden sollen. Aus derselben erkennt er, dass die Prutenischen Tafeln zu Grunde gelegt sind; wie sehr aber über diese von den Mathematikern geklagt werde, ist bekannt. Nun ist es auch ausgemachte Sache,