[541]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.59

dass die tropischen Jahre nicht gleiche Dauer haben, sondern bis 33' 15" untereinander abweichen können; die Folge davon ist, dass die Jahrpunkte nicht in 133 Jahren um 1 Tag im julianischen Jahre zurückrücken, sondern in Zwischenräumen, die zwischen 50 und 300 schwanken; daraus folgt, dass das Äquinoktium durchaus nicht so fix am 21. März haften wird, als es die Bulle des Papstes verspricht. Maestlin gibt hiefür ein schlagendes Beispiel durch Vergleichung der Äquinoktien in den Jahren 1600 und 1900. Ersteres fällt am 10. März alten Stils, letzteres am 9. März. Die Anticipatio beträgt also 1 Tag; nach der neuen Schaltregel aber werden 3 Tage ausgelassen (1700, 1800, 1900), die Äquinoktien fallen also nach ihr im alten Stil am 10. und 12., nach neuem am 20. (10 + 10) und 22. (9 + 10 + 3) März. Dass es in der Jetztzeit sehr häufig auf den 20. März fällt, entschuldigt bei den Schaltjahren selbst Maestlin, aber das Beispiel von 1900 stehe im vollen Widerspruche mit dem Versprechen des Papstes. Ein Maßstab für die Richtigkeit ist ihm auch folgender Umstand: wenn man von jetzt an die Schaltregel zurück bis zum Konzil von Nizäa anwendet, so muss man vom 11. März — dem jetzigen Stand des Äquinoktiums — zum 21. März gelangen, denn man kam eben dadurch vom 21. zum 11., dass man die centenaren Jahre 500, 600, 700, 900, 1000, 1100, 1300, 1400, 1500 bissextil setzte; nun sind dies 9; vorausgesetzt also, dass der Ansatz des Nizänischen Konzils richtig ist, was man in Rom gewiss nicht bezweifelt — so gelangt man zurück zum 20., nicht zum 21. März. Also auch jener Satz der Bulle, der so sehr die Herstellung des Nizänischen Standes betont, ist unrichtig. Den gleichen Weg wie beim Sonnenjahre schlägt Maestlin auch bei Besprechung des Epaktenzyklus ein; auch hier hängt er sich an die anpreisenden Worte des Papstes; er findet zwischen diesen und dem Zugeständnisse der Canones, dass in der Epaktenrechnung unvermeidlich Fehler vorkommen müssen, einen unauflösbaren Widerspruch; aber nicht bloß in der Bestimmung der Neumonde, sondern auch in der der termini paschales unterlaufen Fehler, so dass alle fünf möglichen Fälle einer falschen Osterberechnung, die im alten Kalender vorkamen, auch im neuen eintreten können, was er durch zahlreiche Beispiele erhärtet. Maestlin kommt zum Schlüsse: Er glaubt bewiesen zu haben,