[573]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.91

Die Art der Schaltung des Germanus findet Clavius zu kompliziert, und mit Recht macht er geltend, dass man hiedurch den Prutenischen Tafeln allzu großes Vertrauen schenken würde; auch kann man dem Clavius beistimmen, wenn er dem Mondzyklus des Germanus zu große Umständlichkeit und Kompliziertheit zum Vorwurf macht.

Hiemit schließt die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform ab. Der Streit freilich ist nicht ausgetragen, aber er tritt in ein neues Stadium. Die Protestanten bleiben bei ihrem Widerstand und im Folgenden dreht sich die Frage darum, wie denn ein Modus des Einverständnisses gefunden werden könnte. Über den Gregorianischen Kalender aber sind , die Akten geschlossen — die Protestanten erklären ihn für unannehmbar, und Rom hatte auch sein letztes Wort gesprochen, indem es die Fehler desselben eingesteht, aber doch bei der vorgenommenen Reform beharrt.

VI. Kompetente Urteile über den Kalenderstreit.

Ich kann diese Darstellung nicht besser beschließen, als indem ich nach so vielem kleinlichen Hader das Urteil zweier Männer wiedergebe, welche vor allen berufen waren, ihr Votum in dieser Sache zu sprechen. Ich meine die beiden großen Astronomen dieses Zeitraums Tycho de Brahe und Johannes Kepler.

Tycho de Brahe, der damals auf seinem Tusculum zu Uraniburg lebte, interessierte sich lebhaft für die ganze Angelegenheit, und verlangte von seinen Freunden in Deutschland, ihm alle in derselben erscheinenden Bücher zu schicken. Aus zwei Briefen, welche ich im Anhange mitteile, [1] geht hinlänglich hervor,


1 Ich entnehme die beiden bisher unedierten Briefe dem Cod.Vindob. 1068666. Diese Handschrift ist ein Bestandteil des Cod. 10686, welcher bis zur Abfassung des neuen Katalogs als Fascikel in der kais. Hofbibliothek aufbewahrt und dann in 49 Volumina gebunden wurde, und zwar so, dass jedes selbstständige Stück als ein Ganzes betrachtet und nun mehrere solche, hie und da aber auch nur eines, in einen Band vereint wurden. In den 49 Bänden sind 90 solche Stücke enthalten. Der größte Teil derselben stellt sich dar als der literarische ungedruckte Nachlass Tycho de Brahes; größtenteils besteht derselbe aus Briefen, welche sich teilen lassen in Originale und in bereits nach einem bestimmten Systeme zum Zwecke der Herausgabe angelegten Abschriften.