[565]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.83

Die Schrift des Calvisius hat meines Wissens keine Erwiderung gefunden, und ich habe dieselbe nur aus dem Grunde angeführt, weil sie zuerst den im siebzehnten Jahrhundert lebhaft ventilierten Gedanken ausspricht, einen dritten sozusagen neutralen Kalender aufzustellen.

V. Die Verteidigung des Kalenders durch Clavius.

Clavius hatte, wie wir gesehen haben, in seiner Apologie gegen Maestlin die Hauptgesichtspunkte der Reform klar und deutlich auseinandergesetzt. Die erneuerten Angriffe machten eine neue Entgegnung nötig. Zunächst erwiderte Clavius dem Scaliger auf seinen zweiten Angriff (dem Elenchus et castigatio Anni Gregoriani). Den höflichen Ton, den Scaliger gegen ihn angeschlagen hatte, erwidert er im gleichen Maße in der Vorrede. Mit Begierde habe er dessen Buch ergriffen und in der Tat viel Geistreiches und Gutes darin gefunden; daneben freilich sei ihm auch viel Unbegründetes und Falsches aufgestossen und zu dem habe er am Rande seine Bemerkungen gemacht. Auf Andrängen seiner Freunde gebe er diese nun heraus, auf dass man bei Beurteilung des Kalenders nicht blind der Autorität Scaligers folge. Er bittet und beschwört ihn, es nicht übel aufzunehmen, wenn nun sein Buch verbessert der Welt übergeben wird und ihm das geschieht, was er dem Gregorianischen Kalender zugedacht hatte. Seine schönen Worte in der Vorrede ermutigen ihn hiezu. Die Schrift [1] stellt sich nun in der Tat als glossierte Arbeit des Scaliger dar,


1 J. Scaligeri Elenchus et castigatio Kalendarii Gregoriani a Chr. Clavio castigata. (Im V. Bande der Opera.) Nach Brunet (a. a. 0.) soll Clavius schon früher gegen Scaliger geschrieben haben und zwar 1591 unter dem Titel: "Adversus J. Scaligeri Elenchum et castigationem Kalendarii Gregoriani", und ähnlich berichtet Calvisius, nach welchem die Schrift: "Castigatus Elenchus" heißen soll. Dies konnte nur eine Antwort auf jene kurzen Bemerkungen sein, die Scaliger in "de Emendatione temporum" gemacht hatte, denn die zweite Schrift Scaligers erschien erst 1595. Allerdings hatte Possevinus eine Entgegnung des Clavius auf den ersten Angriff des Scaliger angekündigt, und dieser hatte sie auch erwartet, sagt aber ausdrücklich, dieselbe sei ihm nicht zu Gesichte gekommen. Also abgesehen davon, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass dem Scaliger bei seinen weitverzweigten Verbindungen dies vor vier Jahren erschienene Buch nicht zugänglich gewesen sein sollte, so stellt Clavius in seiner Schrift entschieden in Abrede, dass ihm der Auftrag erteilt worden sei, gegen Scaliger zu schreiben, und Possevinus habe jedenfalls die Apologia gemeint, welche er damals gerade in der Arbeit gehabt habe. Somit wird wohl unter dem von Brunet angeführten Buche die uns jetzt beschäftigende Arbeit des Clavius gemeint sein. Dieselbe muss abgefasst sein zwischen 1595 und 1603, denn in der weiter unten zu besprechenden "Explicatio", die in diesem Jahre erschien, wiederholt Clavius dieselbe bereits im Auszüge.