6Kaltenbrunner.[488]

Dies ist einerseits so unvollständig und primitiv, andererseits so sinnlos, [1] dass man auch in Rom nicht daran denken konnte, damit das lang besprochene Problem gelöst zu haben, und so können wir mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der Wunsch nach Reform, der sich unter Pius V. in so wenig zutreffender Weise manifestiert hatte, auch seinen Nachfolger Gregor XIII. beseelte. Aber mehr können wir nicht annehmen — wir haben keine Nachricht, dass von ihm jemand angeregt worden wäre, abermals an die Lösung des Problems zu gehen.


1 Unvollständig ist diese Maßregel, weil man den auf 10 Tage angewachsenen Fehler des Sonnenjahres ganz unberücksichtigt ließ, primitiv, weil man für die Korrektur des Mondzyklus eine Form gewählt hatte, welche schon Computisten des 13. Jahrhunderts vorgeschlagen hatten, welche aber nun tief unter dem Niveau der von da ab in der Frage der Kalenderverbesserung gemachten Fortschritte stand. Sinnlos aber ist sie, weil die Einschaltung eines Tages in je 300 Jahren — abgesehen davon, dass sie den Fehler des Julianischen Jahres um mehr als 1 2⁄3 des bisherigen Betrages vergrößerte — ja auch in Bezug auf die Neumonde gerade das Gegenteil des Beabsichtigten bewirkt hätte. Denn die 19 Julianischen Jahre des Mondzyklus sind schon länger als die in ihnen enthaltenen 235 Mondmonate; es galt daher entweder die Sonnenjahre zu verkürzen, oder die numeri aurei abermals um 1 Tag zurückzurücken. Schaltete man aber 1 Tag ein, so traten ja die ihre Stellung fix einnehmenden Numeri aurei noch um 1 Tag zurück, d. h. die Neumonde fielen noch um 1 Tag später als bisher, während sie doch umgekehrt um 1 Tag früher angezeigt werden sollen. Auch aus einem dritten Grunde war diese Maßregel töricht. Der Computus gibt die Anleitung zur Osterbestimmung; wollte man aber nun aus den numeris aureis des Breviers die Ostervollmonde berechnen, so geriet man in vielfachen Konflikt mit der kirchlichen Ostertafel, die ja noch immer die alte blieb. Es konnte sich in allen Jahren des neunzehnjährigen Zyklus eine Differenz von 8 Tagen zwischen beiden Ansätzen ergeben ja in den numeris aureis XVI und V eine von 4 bis 6 Wochen, denn im Julianischen Kalender sind dies die frühesten termini paschales (21. und 22. März). Diese um 3 Tage zurückgerückt, ergibt den 18. und 19. März, welche als vor dem angeblichen Äquinoktium stehend, nicht zur Ostergrenze taugten; man musste also um 1 Monat weiter gehen und erhielt den 16. und 17. April als terminus paschalis. — Man scheint in Rom sich auch nicht viel auf diese Reform eingebildet zu haben; das beweist schon das bescheidene Plätzchen, welches man ihr im Computus einräumte, wo sie denn in der Tat bisher unbeachtet schlummerte. Nach der Gregorianischen Kalenderreform wurde auch schon im Jahre 1587 durch Sixtus V. eine neue Ausgabe des Breviers veranstaltet, in welcher Computus und Calendarium derselben entsprechend abgeändert sind.