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Diese Auffassung aber hatten die Menschen des sechzehnten Jahrhunderts nicht. Man wird nicht leugnen können, dass Gregor XIII., als er mit der Bulle "Inter gravissimas" einen neuen Zankapfel in die Welt schleuderte zunächst nur die Katholiken im Auge hatte; so ging der neue Kalender, mit dem Fluche konfessioneller Autorschaft beladen, in die Welt hinaus, Und daraus erklärt sich von selbst die heftige Opposition der Gegenpartei, deren Gründe uns allerdings nicht stichhältig sein können, ja die uns unbegreiflich und töricht erscheinen, wenn wir uns nicht auf den Standpunkt jener Zelten zurückversetzen.

Bekanntlich wurde der Streit erst endgültig durch König Friedrich II. von Preußen beendet. Doch indem ich hier die Polemik über die Kalenderreform behandeln will, ist es nicht meine Absicht, die Erzählung so weit auszudehnen; ich beschränke mich auf den unmittelbar nach der Kalenderreform zwischen Theologen und Mathematikern der beiden Parteien ausgetragenen Kampf, und setze als Grenze die offizielle Verteidigung des Kalenders durch Clavius. In der Tat lässt sich hier ein Abschnitt machen, denn weiter hinaus verliert einerseits der Kampf an Lebhaftigkeit und Intensität, andererseits handelt es sich im ferneren Verlaufe nicht darum, warum der Kalender fehlerhaft und unannehmbar sei, sondern darum, wie eine Einigung erzielt werden könnte. — Es wird bei einer solchen Arbeit nicht auffallen, wenn sich der Verfasser entschuldigt, nicht alles, was er wollte, geleistet zu haben. Meist handelt es sich da um schwer zugängliche Bücher, und obwohl es mir vergönnt war, in Wien und Berlin die Bibliotheken benützen zu können, und obwohl ich wegen einzelner Werke auch in München nachfragte, so habe ich doch lange nicht das Material erschöpft. Von den mathematischen Schriften habe ich allerdings bis auf eine sämtliche mir bekannt gewordenen benützen können. Große Lücken dagegen muss ich bei den theologischen Traktaten konstatieren. Mit wenigen Ausnahmen glaube ich jedoch diesen Mangel nicht sehr beklagen zu müssen; es konnte sich ja doch nur darum handeln, Specimina anzuführen und zu besprechen. Eine Darlegung aller dieser Schriften würde ohne Zweifel ermüden und kaum Neues bringen;