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Letztgenannten auseinander, nämlich über die Festsetzung des Tages, mit dem das durch den Ostermonat bestimmte Mondjahr anhebt. Dem Dionysius ist nämlich die Luna quintadecima paschalis der erste, die Luna quartadecima der letzte Tag des Jahres 1). Beda dagegen rechnet das Mondjahr vom Novilunium des Ostermondes an 2), also wie die Juden in ältester Zeit und wie, auch nach Einführung einer neuen Jahresform, im Thalmud noch der Nisanneumond als Jahresanfang der Feste gilt 3). Entnehmen wir z. B. einer Ostertafel, dass das Jahr 761 (more Romanorum vom 1. Jan. aufgefasst) den Numerus aureus II hat, so fallen nur dessen erste Monate bis zum 11. März mit dem Jahre zusammen, das Beda als annus II cycli decennovennalis bezeichnet: denn letzteres beginnt bereits mit dem 23. März luna I. 760, und vom 12. März luna I. 761 zählt Beda schon a cycli decennovennalis 4). Übrigens ist diese Differenz zwischen Dionysius und Beda nur deßhalb hervorzuheben, um die Berechnungen des letzteren richtig aufzufassen. Die späteren Computisten sind, soviel ich sehe, alle zu dem Epochentag des ersteren zurückgekehrt 5).


1) Epist. ad Bonifacium in Jan I. I. 202: "a decima quintalunapaschalis festi anni verbi gratia praecedentis usque ad decimam quartam sequentis (quod quaerimus) paschae, si communis anuns est, CCCLIV dies habebit, si embolismus CCCLXXXIV." - Ferner bei der Vergleichung des Cyclus decennovennalis mit dem lunaris: "anno decennovennali II, lunari XVIII ab VIII id. apr. (d. h. luna XV unseres numerus aureus I) usque in VIII kal. apr. (d. h. luna XIV unseres num. aureus II), quia communis est, sunt dies CCCLIV." Nur in einer Stelle der epist. ad Petronium I. e. 157: "ab VIII id. mart, usque in diem non. apr. natam lunam facere dixerunt primi mensis exordium" scheint er wie Beda zu rechnen; aber es soll dort nicht der Anfang des Mondjahres, sondern der Epochentag des Ostermonats festgestellt werden, was sich nicht anders ausdrücken ließ.
2) Aus vielen Stellen hebe ich besonders hervor Beda, Giles 6, 236: "qui utrique (anni) ... ab exordio primi mensis quem Hebraei Nisan vocant, hoc est ab accensionelunae paschalis initium sumunt ... unde fit, ut ab VIII id. mart. usque in non. apr. diem lunaris anni sint quaerenda primordia." - Hagen observ. in prol. pasch. 287, 299, 301 u. a. a. O. will allerdings diese österliche Epoche des Mondjahres bei Beda nicht zugeben und will alle betreffenden Stellen so deuten, dass Beda in ihnen von den Juden rede. Es hängt dies wesentlich mit seiner Erklärung des Cyclus lunaris Dionysii et Bedae zusammen, auf die ich hier nicht eingehen kann, und in Betreff derer ich auf Ideler 2, 237 und Piper 123, verweise. Wer Beda unbefangen prüft, wird diese seine Epoche eben so gelten lassen, wie die andere des akkommodierten Mondjahres, von der gleich die Rede sein wird.
3) Ideler 1, 490, 522.
4) Dass die österliche Epoche der des bürgerlichen Jahres um 9 - 10 .Monate voraneilt, nicht ihr, wie es zuweilen aufgefasst ist, nachfolgt, wird sich später ergeben.
5) S. Gallener Computist von 877 (Cod. 459): "multi ex veteris legis observatione hos annos (lunares) a paschali mense inchoant, semper a XV luna paschae praecedentis". - Computist von 1143 (Cod. Vindob.): "anni domini mutantur in VIII kal. Jan., anni ab origine mundi XV kal. apr., ciclus decennovennalis in XIV luna apr., concurrentes in kal. Martii, epacte in kal. sept. (von dieser ebenfalls mit dem Mondjahre zusammenhängenden Epoche wird später die Rede sein), indictiones VIII kal. oct." - daran schließen sich Berechnungen für das laufende Jahr, welche 1143 als Abfassungszeit ergeben. (Nebenbei bemerke ich, dass sich der Schreiber dieses Computus fast durchgängig der arabischen Ziffern bedient und zwar nach dem Gesetze der Position und mit richtiger Anwendung von 0.) - Durandus I. I. 8, 10: "appellatur autem annus embolismalis, quia a XIV luna praecedentis paschae usque ad hinam XIV sequentis habet XIII lunationes"