158Sickel 

Berücksichtigung des Mondjahres in dem offiziellen Kalender der spätrömischen Zeit der Berechnung des Osterfestes zu Hilfe kommen soll. Ich glaube daher mich gegen die Annahme, zu der Mommsen hinzuneigen scheint, und gegen die von ihm vorgeschlagene Folgerung aussprechen zu müssen. Und nehme ich demgemäss an, dass je nach dem Datum des ersten Neumonds im Jahre, für gewisse Jahre ein und derselbe Novilunarbuchstabe, für die anderen zwei alternierende aufzustellen sind, so würden sich für die von Noris rekonstruierte und von Ideler berichtigte 84jährige Ostertafel 1) welcher ein stets mit hohlem Monat beginnendes Mondjahr zu Grunde liegt, folgende drei Fälle ergeben: ist die Epakte eines Jahres I, so sind alle mit dem dem 1. Jan. beigesetzten Lunarbuchstaben A 1 versehenen Tage des Jahres Novilunien; ist die Epakte eines Jahres II - XVI, so gilt für alle Monate der dem ersten Neumondstage eigentümliche Lunarbuchstabe als Novilunarbuchstabe des Jahres; ist die Epakte größer als XVI, so ist der Lunarbuchstabe der ersten Noumenie für alle hohlen Monate als Novilunarbuchstabe anzusetzen, für die vollen Monate aber der unmittelbar vorhergehende Buchstabe 2).

Indes ist noch keine Oster- oder Jahrestafel bekannt geworden, welche, wie wir es bei den späteren Jahrhunderten sehen werden, jedem Jahre des Zyklus seine ihm entsprechenden Neumondsbuchstaben beisetzte, und es lohnt sich nicht eine solche Reihe für die Noris-Ideler'sche Tafel zu konstruieren, so lange nicht die Richtigkeit der letztern, welche durch manche Daten in Frage gestellt wird, neuerdings erwiesen ist. Hier genügt es, das älteste Beispiel von Lunarbuchstaben angeführt zu haben und insofern an Mommsen's Bemerkungen anzuknüpfen, als ich selbst ihnen die Anregung verdanke, demselben Gegenstand in den späteren schon von der Alexandrinischen Osterrechnung und dem 19jährigen Zyklus ausgehenden Zeittafeln nachgespürt zu haben. Denn zeugen die Lunarbuchstaben in dem Kalender von 354, ebenso wie die Buchstaben der siebentägigen Woche, für den christlichen Charakter desselben, so liegt die Vermutung nah, dass man auch in den folgenden Jahrhunderten, die sich nicht minder für die Fest- und sonstige Zeitrechnung eines akkommodierten lunaren Jahres bedienten, die gleiche oder eine ähnliche Einrichtung nachgeahmt habe. Und in der Tat finden sich in


1) II, 249.
2) Das heißt zum Beispiel C 3 und C 2 oder C 2 und C 1 oder C 1 und B 3 u. s. w.

<< Startseite >>