[527]Die Polemik über die Gregorianische Kalenderreform.45

und räumen ihm Jurisdiktion über ihre Kirchen ein, welche ihm durch den Passauer Vertrag und den Augsburger Religionsfrieden gesetzlich entzogen ist. [1]


1 Dem hier gepredigten Terrorismus verdankt folgende Schrift ihre Entstehung: Johannes Schulin: Entschuldigung und Ableinung wegen der Praefation oder Declaration den neuen päpstischen Kalender betreffend, welche ohne sein wissen willen und meinung seinen Calendariis ist fürgesetzt worden. Tübingen 1584. Die Sache verhält sich nach des Verfassers Erzählung folgendermaßen: Der Buchdrucker Niclas Knor in Nürnberg setzte Schulins Kalender für das Jahr 1584 eine Praefatio vor, in der die Kalenderreform als notwendig und richtig anerkannt wird; außerdem enthielt der Kalender die Feste und Jahrmärkte nach altem und neuem Styl gegenübergestellt. Deshalb nun wurde Schulin von "hochverstendigen" Leuten verdächtigt, als ob er mit dem Papste unter einem Hütlein spiele und dessen unnötiges gerumpeltes Zeug als richtig anerkenne. Schulin verwahrt sich nun dagegen feierlichst und erklärt, er für seine Person halte es — trotz der Fehler des julianischen Jahres — nicht mehr für nötig, dasselbe zu korrigieren, da nach der Prophezeiung Daniels nur mehr 416 Jahre bis zum Ende der Welt seien. Auch sei klar und deutlich, dass der Papst mit dem neuen Kalender nur Verwirrung anrichten und die evangelische Kirche knechten wolle. Bezüglich der leidigen Praefatio aber verhalte es sieh folgendermaßen: Kurz vor Erscheinen des Druckes habe ihm Knor geschrieben, er hätte eine Praefatio zum Kalender gewünscht, da aber nicht mehr Zeit zur Abfassung einer solchen sei, so habe er die aus dem Kalender des Scultetus genommen und vorgedruckt. Sollte Schulin dieselbe nicht haben wollen, so solle er nur die zwei vorderen Blätter zusammenkleben lassen. Da aber die Kalender gleich von Nürnberg aus verschickt wurden, so habe dies nicht geschehen können und so sei die unsinnige Praefatio stehen geblieben. Dass er die Feste und Jahrmärkte nach dem neuen Kalender beigegeben habe, könne man ihm nicht zum Vorwurf machen; obwohl er hoffe, dass der Papst seinen Lumpenkram bald wieder aus Deutschland werde zurückziehen müssen, so habe er jene Glaubensgenossen, denen von ihrer Obrigkeit der neue Kalender aufgenötigt wurde, vor Irrtum bewahren und so den Plan des Papstes, Verwirrung anzurichten, vereiteln wollen. — Praktische Bedeutung gewann diese zelotische Ansicht Heerbrands in Steyr, wo die protestantischen Prediger gemäß des Beschlusses der oberösterreichischen Stände, den Kalender von der Kanzel verkündet hatten, nachdem ihre Bitte, man möge ihnen wenigstens die Publikation in der Kirche erlassen, vom Landeshauptmanne abgeschlagen worden war. Als es sich nun im Jahre 1586 um die Besetzung einer neuen Praedicanten-Stelle handelte, verweigerte der Superintendent in Regensburg — Bartholomaeus Rosinus, — die Ordination, weil das Ministerium in Steyr durch Annahme des neuen Kalenders sich wieder unter das Papsttum begeben habe. (Vgl. Preuenhuber, Annales Styrienses, pag. 302.)