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Weitergeführt wurde sie zunächst von Eusebius von Cäsarea in Palästina († 338), der als erstes Jahr des Cyklus das erste Jahr der Ära nach Regierungsjahren des Kaisers Diokletian (29. August 284 bis 28. August 285), also für die Osterberechnung das Jahr 285 zu Grunde legte. Wenn man von diesem Jahre rückwärts zählt, so ergibt sich, dass auch das Jahr 0 (= 1 vor Chr.) das erste Jahr eines solchen Cyklus ist, ein sehr günstiger Umstand, der am meisten zur allgemeinen Annahme dieser Methode beitrug. Noch weiter ausgebaut wurde diese Berechnungsweise von Theophilus, Patriarch von Alexandrien (389 - 412); er verfertigte eine Ostertafel für 418 Jahre (= 22 neunzehnjährige Cyklen), veröffentlichte aber nur die Osterdaten für 100 Jahre in einem dem Kaiser Theodosius gewidmeten Werke. Diese Tafel hebt an mit dem ersten Konsulat des genannten Kaisers, das ins Jahr 380 fällt; dieses ist gleichfalls das erste Jahr eines Cyklus in jener Reihe, die vom Jahre 0 oder von 285 der christlichen Ära ihren Anfang nimmt.

Eine weitere Ausbildung erfuhr sie durch einen ägyptischen Mönch namens Anianus, der kurz nach Theophilus lebte. Er verband den 19jährigen Mondcyklus mit dem 28jährigen Sonnencyklus zu der grossen Osterperiode von 19 * 28 = 532 Jahren. In diesem Cyklus kehren nach je 532 Jahren die Vollmonde nicht bloss auf denselben Monatstag, sondern auch auf denselben Wochentag zurück, so dass dieselbe Reihenfolge der Osterdaten sich wiederholt; es ist dies noch heute im julianischen Berechnungsstil der Fall. Auf Grund dieser Vorarbeiten stellte Cyrillus, der Nachfolger des Theophilus auf dem Patriarchenstuhle von Alexandrien (412 - 444), eine Ostertafel für 95 Jahre (437-531) auf.

Auch im Abendlande erwarb sich wegen ihrer unleugbaren Vorzüge diese Methode allmählich viele Anhänger, bis sie schliesslich gänzlich obsiegte. In der Mailänder Kirchenprovinz wurde sie bereits im 4. Jahrhundert befolgt; der hl. Ambrosius, Bischof von Mailand (340-397), empfahl sie den Bischöfen der Provinz Ämilia in seiner Epist. 23;[1] hier sagt er über den strittigen Ostertag des Jahres 387: "Secundnm Aegypiios primo mense celebraturi sumus dominicum, hoc est septimo Kalendas Maii, qui est dies trigesimus Pharmuthi" (25. April).

Viele Anhänger verschaffte ihr Victorius, ein aquitanischer Mönch, den Gennadius (Script. eccles. 88) einen calculator scrupulosus nennt. Als er im Jahre 457 im Auftrage des Archidiakons und späteren Papstes Hilarius (461-468) einen neuen Cursus paschalis, d. h. eine Liste von 532 Osterdaten (532 - 1063) anfertigte, bediente er sich der alexandrinischen Bestimmungsweise. Dabei hat er aber die oben erwähnten römischen Eigentümlichkeiten in schonender Weise berücksichtigt, somit Abweichungen von den Alexandrinern nicht gerade gemieden; so darf auch nach ihm Ostern nie vor Luna XVI gefeiert werden, sondern soll, wenn Vollmond auf Samstag fällt, auf den zweitfolgenden Sonntag (Luna XXII) verschoben werden. Aber hier ist er sich seiner Sache nicht ganz sicher, daher lässt er es in einem solchen Falle im Zweifel, ob am nächsten oder zweitnächsten Sonntag Ostern ist, und merkt beide Daten (das alexandrinische und römische) an, z. B. in den Jahren 475, 495, 496, 499, 516, 536, 570, 590, 594, 665 usw.; im Jahre 539 verzeichnet er sogar drei Ostertermine: 24. und 17. April und 27. März.


1 Migne Patr. lat. XVI 8. 1027 ff.